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Oft höre ich von Mitarbeitern in Selbstorganisierte Teams, dass Sie sich jemand wünschen würden der Entscheidungen trifft. Zum Beispiel zu Coding Styleguides oder Software-Architektur. "Es wäre doch schön, wenn jemand endlich Standards definieren würde". "Wir brauchen ein Software-Architekt oder ein Teamleiter/Entwicklungsleiter der diese Entscheidungen trifft".

Ist es so, dass ein selbstorganisiertes Team von guten, erfahrenen Entwicklern die fachlich in der Lage sind gute Architekturen und Design-Entscheidungen zu treffen diese selbst treffen sollten oder ist es effektiver jemand zu haben der die Rolle eines Architekten hat und hauptamtlich diese Entscheidungen trifft? Was ist Eure Erfahrung hierzu?
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2 Antworten

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Eindeutig keinen externen Architekten. Warum?

Erstens erzeugt dies eine Abhängigkeit zum externen Architekten. Wenn man davon ausgeht, dass dieser nicht Vollzeit für das Team arbeitet (sonst wäre er ein Teammitglied), hat er auch weitere Aufgaben (z.B. für ein anderes Team). Nach welchen Prioritäten soll er dann bei der täglichen Arbeit entscheiden? Dies erhöht die Komplexität und führt meist zu Wartezeiten.

Weitere Effekte: Wenn das Sprintziel ein anspruchsvolles Ziel ist, bei dem es darum geht, möglichst gut im Arbeitsfluss zu bleiben, wer trägt dann die Verantwortung, wenn der Sprint schief geht, weil z.B. der externe Architekt gerade das Bottleneck war und das Team ins Stocken kam. Das Team wird dann (zurecht) mit 'Not our fault' antworten. Durch die externe Rolle wird es damit seiner Möglichkeit zur Verantwortungsübernahme für das Sprintziel beraubt. Kulturtechnisch gesehen führt das zum oft beobachteten Blaming-Game. Das wiederum sorgt für schlechte Stimmung und zur weiteren Leistungseinbuße des Teams, weil es sich zusätzlich mit diesem Konflikt beschäftigen muss, der durch die Struktur (also die Schaffung einer externen Rolle) überhaupt erst entstanden ist.

Wenn also kein externer Architekt, was hilft dann? Hier ist klar der Scrum Master gefragt, dem Team dabei zu helfen, eigene Entscheidungsfindungsprozesse zu finden. Das kann Vieles sein: Das Team erwählt ein Teammitglied, dem man die Entscheidung zutraut und dieses entscheidet dann nach vorheriger interner Beratung über die zu wählende Architektur. Auch kann natürlich ein Mehrheitsentscheid stattfinden, wobei hierbei auf die Wirkung auf die Teamkultur geachtet werden muss. Der Nachteil bei demokratischen Mehrheitsentscheidungen ist, dass es immer Gewinner und Verlierer gibt. Wenn sich das negativ auf die Kultur auswirkt, kann der Konsent-Entscheid die geeignete Wahl sein. Hierbei hat jedes Teammitglied ein Veto-Recht, wenn es einen schwerwiegenden Einwand hat. Das kann zwar die Entscheidungsfindung verzögern, lenkt aber die Diskussion auf mögliche Alternativen und verhindert die 'Wer-hat-Recht?'-Diskussion. Übrigens: Eine 'Wer-hat-Recht'-Diskussion kann man versuchen zu entkräften, indem man eine Entscheidung als echte Wahl zwischen A oder B betrachtet. Das bedeutet, dass jegliche Entscheidung zunächst eine Hypothese darstellt. Was zur Frage führt: Wie können wir möglichst schnell feststellen, ob die Hypothese trägt (Fail-Fast-Prinzip). Wäre die Entscheidung gar keine echte Wahl (weil vorneweg bekannt wäre, dass A zum Ziel führt, B aber nicht), dann handelt es sich genau genommen um gar keine Entscheidung, sondern um Exekution vorher bekannten Wissens. Dieser Umstand wird oft vergessen, insbesondere wenn Meinungen als unumstößliche Fakten verstanden werden.
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Für mich klingt das, gerade mit deiner Einleitung so, als wäre es dem Team (und der Organisation) entweder nicht klar welche Entscheidungen das Team wie treffen darf oder sie sich nicht trauen eine Entscheidung zu treffen bzw. noch nicht soweit sind um Verantwortung zu übernehmen.

Aber um auf deine Frage zu kommen, ja, ich habe gute Erfahrungen damit gemacht, solche Entscheidungen von Teams selbst treffen zu können, dazu braucht es aber gewissen Rahmenbedingungen.
Das Team sollte es gewohnt sein Entscheidungen als Team zu treffen, oder zumindest sich auf Wege zur Entscheidungsfindung geeinigt haben, da sonst sehr viel Zeit in eine Metadiskussion fließt wie denn nun entschieden werden soll.
Des weiteren tut es einer solchen Entscheidung immer gut, wenn das Team alles benötigten Informationen in einer verwertbaren Form zur Verfügung hat. Insbesondere aber nicht nur die Vision und das "Big Picture" für ihr Produkt an dem sie arbeiten. Falls sich das Team fachlich nicht sicher genug fühlt, dann können sie gerne einen Architekten hinzufügen, der sie berät. Damit bekommt man gleich noch etwas Wissenstransfer in das Team.
Ein weiterer netter Nebeneffekt davon, ist dass sich so das Team auch mehr mit derEntscheidung verbunden fühlt und so auch bereiter ist, diese Umzusetzen.
Natürlich setzt dies alles voraus, dass es auch von der Organisation (also allen Menschen in dieser) akzeptiert wird, dass das Team solche Entscheidungen treffen darf und dementsprechend auch die Verantwortung dafür übernehmen kann und darf.
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